9. September 2011

in den Berg gucken

Damals wussten die Planer des ersten Gotthard-Tunnels bloss: Irgendwo ennet dem Berg liegt Airolo. Und dahin soll die Eisenbahn fahren – von Göschenen direkt durch den Fels. Die Frage war nun, in welcher Richtung soll man den Tunnel bauen, damit man dann mitten im Berg auf den Tunnel aus der Gegenrichtung trifft?
Zwei Vermesser, Otto Gelpke und etwas später Carl Koppe nahmen sich der Aufgabe an. Sie legten ein Triangulationsnetz über den Gotthard und massen die genaue Lage der beiden Portale ein. Als „Massstab“ nutze man eine etwa 1‘200 Meter lange Basislinie zwischen Andermatt und Hospental. Mit diesen Messungen konnten sie nun die Tunnelachse definieren.
Damals waren nur schnurgerade Tunnels möglich, Tunnel mit Kurven konnte man nicht genügend genau einmessen.

Man hatte also jetzt den Startpunkt des Tunnels und die geplante Richtung. Diese theoretische Linie wurde nun möglichst weit ausserhalb des Tunnels präzise vermessen. Von diesem Punkt, dem Observatorium, konnte man dann in den künftigen Tunnel hineinschauen und -messen. Theoretisch hätte man durch den ganzen Gotthard hindurch nach Airolo schauen können.

In Göschenen befand sich das Observatorium etwa 600 Meter vor dem Tunnelportal, direkt an der Göschenerreuss. Ungeschickterweise versperrte aber ein Felskuppe die direkte Sicht auf das Tunnelportal. Deshalb musste extra ein 110 Meter langer Stollen ausgebrochen werden, der "Visierstollen".
Die Tunnelachse wurde vorsichtshalber weiter hinten mehrfach rückversichert. Mit sogenannte "Tunnelmarken".

Und heute; was ist davon noch zu sehen? Den Visierstollen gibt es noch, und er kann auch besichtigt werden. Der unscheinbare Eingang befindet sich gleich hinter dem Bahnhof. Von den Tunnelmarken ist kaum mehr etwas zu finden. Einzig von einem einzigen Messpunkt gibt es noch einige Überbleibsel: Mörtelreste und eine rostige Eisentür.

Die damaligen Vermessungen waren unglaublich genau. Die beiden Tunnels trafen mittem im Gotthard präzise aufeinander. Seitlich betrug die Abweichung 33 cm, in der Höhe bloss 7 cm. Die Tunnellänge von Göschenen nach Airolo wies allerdings einen Fehler von 7.10 m auf; was aber bei einer Tunnellänge von 15 Kilometer zu verschmerzen war.

Am kommenden Wochenende ist wieder der "Europäischen Tag des Denkmals" und da kann man in Göschenen sogar Vorträge zu diesem Thema besuchen.

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